Verbraucherdarlehensvertrag: Besonderheiten und Ausnahmen
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Welche Kreditverträge sind keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge?
- Formvorschriften
- Vorvertragliche und vertragliche Informationspflichten
- Effektiver Jahreszins
- Rechtsfolgen von Formverstößen oder fehlenden Angaben
- Widerrufsrecht
- Kündigung, vorzeitige Rückzahlung und Vorfälligkeitsentschädigung
- Überziehungskredit
Der Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag ist in den §§ 491 ff BGB geregelt. Unter die Regelungen fallen Allgemein-Verbraucherkreditverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge. Die Einzelheiten zu den Informationspflichten sind im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) geregelt.
Welche Kreditverträge sind keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge?
Diese Kreditverträge gelten nicht als Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge:
-
Kredite, bei denen der Nettodarlehensbetrag weniger als 200 € beträgt. Damit ist der Höchstbetrag gemeint, auf den der Darlehensnehmer Anspruch hat.
-
Pfandkredite, bei denen die Haftung auf die übergebene Sache beschränkt ist (z.B.Geschäfte im Pfandhaus).
-
Bei Darlehen, die innerhalb von 3 Monaten zurückgezahlt werden müssen und die nur geringe Kosten aufweisen.
-
Ebenfalls gelten die Vorschriften nicht für Darlehen, die Arbeitnehmern unter dem marktüblichen effektiven Jahreszins vom Arbeitgeber ausgegeben werden.
-
Förderkredite, die auf gesetzlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts beruhen.
Formvorschriften des Darlehensvertrages
Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind schriftlich abzuschließen. Es genügt aber, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien auf getrennten Papieren schriftlich erklärt werden. Auch der Abschluss in elektronischer Form unter Verwendung einer elektronischen Signatur ist zulässig.
Vorvertragliche Informationspflichten
Im Vorfeld des Vertragsabschlusses muss der Darlehensgeber umfangreiche Informationspflichten erfüllen. Hierdurch soll das Darlehensangebot für den Verbraucher transparent und vergleichbar gemacht werden. Zu den Pflichtangaben, die vor Vertragsschluss vorliegen müssen, zählen unter anderem:
- der Name und die Anschrift des Kreditinstituts,
- die Art des Darlehens,
- der effektive Jahreszins,
- der Nettodarlehensbetrag,
- der Sollzinssatz,
- die Vertragslaufzeit,
- Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Raten,
- der Gesamtbetrag, also die Summe aus Nettodarlehensbetrag und Kreditkosten (Achtung: nicht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen),
- die Auszahlungsbedingungen,
- alle sonstigen Kosten,
- das Widerrufsrecht des Verbrauchers und
- die Möglichkeiten der vorzeitigen Darlehensrückzahlung
Diese vorvertraglichen Informationen stehen auf dem sogenannten Europäischen Standardisierten Merkblatt (ESIS-Merkblatt). Dieses muss die Bank dem Verbraucher im Vorfeld des Vertragsschlusses aushändigen.
Im Darlehensvertrag selbst müssen dann auch viele Pflichtangaben stehen. Das sind zum großen Teil diejenigen, die schon in der vorvertraglichen Information stehen, und zusätzlich z.B. die Punkte:
-
die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde
-
der Hinweis auf den Anspruch des Verbrauchers, einen Tilgungsplan zu erhalten. Das ist eine Übersicht, wie sich der Kredit mit Zins und Tilgung über die Jahre hinweg entwickeln wird.
-
Das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrages.
Effektiver Jahreszins: Restschuldversicherung einrechnen
Unter dem effektiven Jahreszins versteht man die in einem Prozentsatz anzugebende Gesamtbelastung pro Jahr. Die Berechnung des effektiven Jahreszinses ergibt sich aus § 6 der Preisangabenverordnung (PAngV). Er ist eine rechnerische Größe und soll die Vergleichbarkeit verschiedener Kredite ermöglichen.
War der Abschluss einer Restschuldversicherung zwingend für die Darlehensvergabe erforderlich, müssen die Kosten der Versicherung in den effektiven Jahreszins eingerechnet werden. Die tatsächlichen Kosten der Restschuldversicherung sind gesondert im Vertrag auszuweisen, es sei denn, sie sind dem Darlehensgeber ausnahmsweise nicht bekannt.
Rechtsfolgen von Formverstößen oder fehlenden Angaben
-
Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis führt zur Nichtigkeit des Darlehensvertrages. Allerdings wird der Vertrag dennoch gültig, wenn und insoweit das Darlehen bereits an den Verbraucher ausbezahlt worden ist. Diese Regelung soll den Verbraucher davor schützen, den Kreditbetrag gleich wieder zurückzahlen zu müssen.
-
Fehlende Angaben zum effektiven Jahreszins oder dem Sollzins führen zu einer Zinsermäßigung auf den gesetzlichen Zinssatz. Gleiches gilt, wenn der Gesamtdarlehensbetrag nicht ausgewiesen wird. Zuviel gezahlte Zinsen sind in diesen Fällen vom Darlehensgeber zurückzuzahlen.
-
Ist der effektive Jahreszinssatz fälschlicherweise zu niedrig angegeben, so vermindert sich der zu zahlende Sollzinssatz entsprechend. Eine Untergrenze bildet hierbei der gesetzliche Zinssatz.
-
Der Darlehensnehmer schuldet auch keine Kosten der Restschuldversicherung, die nicht angegeben wurden, obwohl sie bekannt waren.
Widerrufsrecht beim Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag
Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu.
Ausnahmen gelten für Umschuldungen, notariell beurkundete Verträge und Überziehungskredite. Der Verbraucherdarlehensvertrag muss eine klare und verständliche Information über dieses Recht zum Widerruf enthalten. Die Widerrufsfrist beträgt in aller Regel 14 Tage und beginnt nach Abschluss des Vertrages und nicht bevor der Darlehensgeber seinen gesetzlichen Informationspflichten nachgekommen ist. Findet sich im Vertrag keine oder eine fehlerhafte Information über das Widerrufsrecht so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.
Kündigung, vorzeitige Rückzahlung und Vorfälligkeitsentschädigung
Der Verbraucher kann ein Darlehen mit fester Vertragslaufzeit grundsätzlich nicht kündigen. Er darf jedoch jederzeit das Darlehen ganz oder teilweise zurückzahlen. Er muss jedoch dann einen Ersatz für den Zinsschaden der Bank zahlen: Der Darlehensgeber darf abhängig von der Restlaufzeit des Vertrages zwischen 0,5 % und 1% des vorzeitig zurückgezahlten Betrages verlangen, jedoch nicht mehr als an Zinsen für die Restlaufzeit angelaufen wären.
Beispiel: Herr V möchte seinen Kredit über 8000,-€ nach 12 Monaten vorzeitig zurückzahlen Die monatliche Kreditrate beträgt 187,30 €, der effektive Jahreszins 6 %, bei einer Laufzeit von 48 Monaten. Durch vorzeitige Rückzahlung geht der Bank ein Zinsgewinn von 571,44 € verloren.
Nach 12 Monaten Laufzeit beträgt die Vorfälligkeitsentschädigung 1 % vom Restbetrag. Die Restschuld betrug dann noch 6.171,25 €. Der Darlehensnehmer wird eine Vorfälligkeitsentschädigung von 61,71 € zahlen müssen.
Bei Immobiliardarlehen gilt diese pauschale Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht.
Überziehungskredit: Informationspflichten und Widerrufsrecht
Vielen Verbrauchern wird von Ihrer Bank im Rahmen des Girovertrages ein Überziehungs-oder Dispositionskredit in bestimmter Höhe eingeräumt, bis zu der das Konto überzogen werden kann. Der Darlehensgeber muss beim Dispositionskredit und geduldeten Überziehungen bestimmte Informationspflichten beachten. So muss der Verbraucher unter anderem über Datum und Höhe der ausbezahlten Beträge sowie der Rückzahlungen und die angefallenen Kosten informiert werden. Für den Verbraucher besteht in diesen Fällen kein Widerrufsrecht, der Darlehensgeber kann keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Alle Artikel zum Thema
Kredite & Finanzierung
- Der Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag
- Autofinanzierung: Bar, Kredit oder Leasing?
- Was ist ein Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag?
- Finanzierungshilfen: Ratenkauf, Zahlungsaufschub, Leasing
- Revolving-Kreditkarten: Gefahr der Schuldenfalle
- Kreditverkäufe durch Banken: Wie sich Verbraucher absichern
- Kreditvergabe: Zu alt für Darlehen oder Ratenkauf?
- Geldanlage im Ruhestand: Was muss ich beachten?
- Crowdfunding: Chancen und Risiken der Schwarmfinanzierung
- Gebühren des Inkassobüros: Welche sind zulässig?
- Häufige Fragen zur SCHUFA
- Smart Home - Reihe